Forschung und weitere Aktivitäten zu COVID-19 und SARS-CoV-2

Immer mehr zeigt sich: Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 führt häufig zu Entzündungen im Körper, die wiederum zu den beobachteten Schäden an der Lunge aber auch an anderen Organen bei oder nach einer COVID-19-Erkrankung führen. Daher ist es selbstverständlich, dass sich viele PMI-Mitglieder, ausgewiesene Entzündungs-Expertinnen und Experten, auch aktiv an der Bewältigung der Corona-Pandemie und ihren Folgen beteiligen. So führen sie beispielsweise eine Studie zu möglichen Langzeitfolgen von COVID-19 durch, analysieren die Ausbreitung der Infektionen, sie beteiligen sich intensiv an der Analyse der Virus- und Wirtgenome und suchen nach möglichen Therapiezielen.  Darüber hinaus sind einige Mitglieder in Forschungskonsortien aktiv oder beraten Politiker*innen in Bezug auf die Auswirkungen des Coronavirus.

Die hier aufgeführten Projekte können nur einen Ausschnitt der Arbeit abbilden.

Forschungsprojekte

Langfristige Impfantwort bei Personen mit chronisch entzündlichen Erkrankungen und immunsuppressiver Therapie

Die Fortführung der Impfstudie bei Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Erkrankungen untersuchte den langfristigen Impferfolg bei Personen mit immunsupprimierender Therapie im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Dabei kam heraus, dass unter Therapie mit TNF-alpha-Blockern die Antikörperspiegel schneller zurückgehen als bei gesunden Kontrollen und bei Patientinnen und Patienten, die andere Basistherapie bekommen. Die zelluläre Impfantwort ist hingegen auch nach sechs Monaten bei Patientinnen und Patienten mit TNF-alpha-Blocker-Therapie noch nahezu unverändert vorhanden, wie die im rheumatologischen Fachjournal RMD Open veröffentlichte Studie zeigt. 

Beteiligte und Kooperationen:

Prof. Bimba Hoyer (Seniorautorin) und Dr. Ulf Geisen (Erstautor), Exzellenzzentrum für Entzündungsmedizin am UKSH, Campus Kiel, Prof. Stefan Schreiber, Direktor am Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU und des UKSH, Direktor der Klinik für Innere Medizin I, UKSH, Campus Kiel und Prof. Petra Bacher, IKMB und Institut für Immunologie, UKSH, Campus Kiel.

Originalpublikation:

Weiterführende Informationen:

Wirksamkeit und Sicherheit von mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 bei Personen mit chronischen Entzündungserkrankungen

Zu Beginn der Impfkampagne gegen SARS-CoV-2 gab es keine Daten dazu, wie die Impfung bei immunsupprimierten Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlichen Erkrankungen wirkt, wie die Nebenwirkungen ausfallen und ob die Impfung zu neuen Entzündungsschüben führen kann. Ein Kieler Forschungsteam des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ hat dies untersucht und die Ergebnisse im Fachjournal Annals of the Rheumatic Diseases veröffentlicht. Die Forschenden zeigen weltweit erstmals, dass die neuen mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 bei Menschen mit chronischen Entzündungserkrankungen und immunsuppressiver Therapie wirksam und verträglich sind.

Beteiligte und Kooperationen:

Prof. Bimba Hoyer (Seniorautorin) und Dr. Ulf Geisen (Erstautor), Exzellenzzentrum für Entzündungsmedizin am UKSH, Campus Kiel, Prof. Stefan Schreiber (Seniorautor), Direktor am Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU und des UKSH, Direktor der Klinik für Innere Medizin I, UKSH, Campus Kiel.

Originalpublikation:

  • Ulf Geisen, ..., Stefan Schreiber*, Bimba F. Hoyer*: Immunogenicity and Safety of anti-SARS-CoV-2 mRNA Vaccines in Patients with Chronic Inflammatory Conditions and Immunosuppressive Therapy in a Monocentric Cohort. Annals of the Rheumatic diseases (2021). http://dx.doi.org/10.1136/annrheumdis-2021-220272

Weiterführende Informationen:

Immunologisches Alter und T-Zell-Gedächtnis als Risikofaktor für schweren COVID-19-Verlauf?

Viele Menschen hatten bereits vor dem Auftreten des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 Kontakt zu anderen Coronaviren, etwa als Auslöser von Erkältungskrankheiten. Eine Hypothese war daher, dass diese früheren Kontakte zu einem besseren Immunschutz auch vor einer SARS-CoV-2-Infektion beitragen könnten. Dem sind Mitglieder des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) aus Kiel nachgegangen. Sie konnten zeigen, dass Menschen, die noch keine Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, tatsächlich bestimmte Immunzellen, sogenannte T-Gedächtniszellen aufweisen, die auch SARS-CoV-2 als Fremdkörper erkennen können. Allerdings sind diese „prä-existierenden“ T-Gedächtniszellen offenbar nicht besonders gut in der Lage, eine SARS-CoV-2-Infektion zu erkennen und für deren Bekämpfung zu sorgen, da sie das Virus nur schwach binden. Stattdessen könnten diese Gedächtniszellen sogar eher zu einem schweren Krankheitsverlauf beitragen.

Beteiligte und Kooperationen:

An der Arbeit wahren mehrere Clustermitglieder vom Institut für Immunologie und dem Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, um Prof. Petra Bacher (Erstautorin), SH-Chair Nachwuchsgruppenleiterin „Intestinale Immunregulation“, und Prof. Alexander Scheffold (Seniorautor), Direktor des Instituts für Immunologie, CAU & UKSH, beteiligt. Die Arbeit entstand in Kooperation mit den Arbeitsgruppen von Oliver Cornely und Philipp Köhler am Universitätsklinikum Köln und Maria Vehreschild am Universitätsklinikum Frankfurt sowie den Arbeitsgruppen von Andre Franke und Philipp Rosenstiel am Institut für Klinische Molekularbiologie der CAU & UKSH.

Originalpublikation:

  • Bacher et al.: Low avidity CD4+ T cell responses to SARS-CoV-2 in unexposed individuals and humans with severe COVID-19. Immunity (2020).  DOI: 10.1016/j.immuni.2020.11.016

Weiterführende Informationen:

Unreife Vorläuferzellen im Blut weisen auf schweren COVID-19-Verlauf hin

Bei schweren Verläufen einer COVID-19-Erkrankung spielen nicht nur Immunzellen eine Rolle. Insbesondere unreife Vorläuferzellen im Blut, die normalerweise nur im Knochenmark vorkommen und die dort erst durch Reifung zu Blutzellen werden, weisen auf einen besonders schweren Verlauf der Erkrankung hin und könnten zu vielen der klinischen Komplikationen bei COVID-19 beitragen, wie ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) zeigen konnte.

Beteiligte und Kooperationen:

An der Arbeit wahren mehrere Clustermitglieder vom Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB), der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins (UKSH), Campus Kiel, um Prof. Phililp Rosenstiel beteiligt. Die Arbeit entstand in Kooperation mit den Universitäten Bonn, Köln, Lübeck, Tübingen und Nijmegen sowie dem Forschungszentrum Borstel – Leibniz Lungenzentrum und dem Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Die Studie wurde durch das bundesweite Konsortium, der „Deutschen COVID-19 OMICS Initiative“ (DeCOI), ermöglicht und entstand unter Mitwirkung von Partnern aus dem „Human Cell Atlas“, einem internationalen Konsortium zur Einzelzellanalyse.

Originalpublikation:

  • J.P. Bernardes*, N. Mishra*, F. Tran* et al: Longitudinal multi-omics analyses identify responses of megakaryocytes, erythroid cells and plasmablasts as hallmarks of severe COVID-19 trajectories. Immunity (2020). doi.org/10.1016/j.immuni.2020.11.017   *Diese Autorinnen und Autoren trugen gleichermaßen zur Arbeit bei.

Weiterführende Information:

Regulierter Zelltod im Verlauf einer COVID-19 Erkrankung bietet einen möglichen neuen Therapieansatz

Schwere Verläufe von COVID-19 sind durch eine massive Entzündungsreaktion im Körper gekennzeichnet, die letztendlich zum Multiorganversagen führen kann. In Epithelzellen des Atemtrakts symptomatischer COVID-19 Patient*innen haben Forschende aus der Klinik für Innere Medizin IV, UKSH, Campus Kiel, einen möglichen Auslöser dieser überschießenden Immunreaktion identifiziert. Sie konnten zeigen, dass ein bestimmtes Protein, die rezeptor-interagierenden Serin/Threonin Proteinkinase 1 (RIPK1), die zum regulierten Zelltod führt, bei COVID-19-Erkrankten aktiviert ist. Im weiteren Verlauf der Studie konnten die Beteiligten in einem klinisch relevanten Tiermodell nachweisen, dass der Wirkstoff Primidon diese Aktivierung von RIPK1 und somit die überschießende Immunreaktion signifikant hemmt. Da es sich bei Primidon um ein bereits seit Jahrzehnten zugelassenes und sicheres Medikament handelt, können nun direkt klinische Studien durchgeführt werden, die die therapeutische Wirksamkeit im Rahmen einer schweren SARS-CoV-2-Infektion überprüfen.

Beteiligte und Kooperationen:

An der Studie waren die Clustermitglieder Prof. Ulrich Kunzendorf, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV, und Prof. Stefan Krautwald, Leiter des Forschungslabors der Klinik für Innere Medizin IV, UKSH, Campus Kiel beteiligt. Die Arbeit wurde unter anderem durch Fördergelder der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglicht. Sie entstand zudem in Kooperation mit den Universitäten in Göttingen, München und Essen sowie der Arbeitsgruppe von Prof. Pascal Meier (Institute of Cancer Research, London, UK).

Originalpublikation:

Riebeling et al.: Primidone blocks RIPK1-driven cell death and inflammation. Cell Death Differ. (2020). DOI: 10.1038/s41418-020-00690-y

Erstbeschreibung: Diabetes nach einer COVID-19-Erkrankung

Das SARS-CoV-2 Virus kann auch in die so genannten Betazellen in der Bauchspeicheldrüse eindringen und diese schädigen, wie ein Forschungsteam unter Beteiligung des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ nun erstmalig beobachtete. Diese Zellen sind dafür zuständig, das für einen gesunden Stoffwechsel nötige Insulin zu produzieren. Die Erstbeschreibung eines Insulinmangel-Diabetes nach einer COVID-19-Erkrankungen hat Professor Matthias Laudes, Schleswig-Holstein Excellence-Chair für Endokrinologie, Diabetologie und klinische Ernährung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), und sein Forschungsteam der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, gemeinsam mit Forschenden aus München und Dresden in Nature Metabolism publiziert.

Beteiligte und Kooperationen:

Erstautoren: Dr. Tim Hollstein, Klinik für Innere Medizin I, UKSH, Campus Kiel, und Prof. Dominik M. Schulte, SH-Chair Nachwuchsgruppenleiter, CAU. Seniorautor: Prof. Matthias Laudes, SH-Chair für Endokrinologie, Diabetologie und klinische Ernährung, CAU. Die Arbeit entstand in Kooperation mit Prof. Stefan Bornstein vom Universitätsklinikum Dresden und Prof. Anette-Gabriele Ziegler vom HelmholtzZentrum München.

Originalpublikation und weiterführende Informationen:

  • Tim Hollstein* Dominik M. Schulte*, Juliane Schulz, Andreas Glück, Anette G. Ziegler, Ezio Bonifacio, Mareike Wendorff, Andre Franke, Stefan Schreiber, Stefan R. Bornstein und Matthias Laudes: Autoantibody-negative Insulin-dependent Diabetes Mellitus after SARS-CoV-2 infection: a case report. Nat Metab (2020). DOI: 10.1038/s42255-020-00281-8  *diese Autoren trugen in gleichem Maße zur Publikation bei.
  •  
  • Pressemitteilung: Diabetes als Folge von COVID-19

COVIDOM: Populationsrepräsentative COVID-19-Folgeerkrankungsstudie

COVID-19 betrifft zwar meist die Atemwege oder die Lunge, wirkt sich jedoch bereits im Akutstadium auch auf viele weitere Organsysteme aus. Angesichts der Schwere, mit der die Organe zum Teil angegriffen werden, ist davon auszugehen, dass es auch zu langfristigen Schäden in diesen Organen kommen kann. Diese Folgen möchte ein klinisches Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Universität zu Lübeck (UzL) und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) unter Leitung von Cluster-Sprecher Prof. Stefan Schreiber in einer neuen Studie an schleswig-holsteinischen Sars-COV-2-Infizierten untersuchen.

Beteiligte und Kooperationen:

COVIDOM wird am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) sowie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Universität zu Lübeck durchgeführt. Federführend ist das UKSH. Leiter der Studie ist Prof. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I am UKSH, Campus Kiel, und Direktor des Instituts für klinische Molekularbiologie (IKMB), CAU und UKSH.

Weiterführende Informationen:

ELISA-Studie: Lübecker Längsschnittuntersuchung zu Infektionen mit SARS-CoV-2

Die groß angelegte Studie „ELISA“ gibt Aufschluss über die tatsächliche Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus. Insbesondere wird untersucht, inwieweit sich Eindämmungsmaßnahmen und deren Lockerung auf die weitere Verbreitung von SARS-CoV-2 auswirken. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen die Ergebung von Gesundheitsdaten und die Testung auf aktive und durchlebte SARS-CoV-2-Infektion in ausgewählten Gruppen.

Beteiligte und Kooperationen:

Die Studie ist eine Kooperation zwischen der Universität zu Lübeck, dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein  im Rahmen der COVID-19 Research Initiative Schleswig-Holstein sowie dem Gesundheitsamt Lübeck.

Die wissenschaftlichen Leiter*innen sind Prof. Christine Klein (PMI-Mitglied), Prof. Alexander Katalinic, Prof. Jan Rupp (PMI-Mitglied).
An der Studie sind Wissenschaftler*innen der Universitäten Lübeck und Kiel, des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und des Forschungszentrums Borstel, Leibniz Lungenzentrum beteiligt.

Mehr Informationen:

ELISA Studienwebsite mit Zwischenergebnissen

COVit – Verbesserung des Ernährungsstatus bezüglich Nicotinamid (Vitamin B3) und Verlauf der COVID-19-Erkrankung

Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, führt eine Studie zur Wirksamkeit einer molekularen Ernährungsintervention bei SARS-CoV-2-positiven Patient*innen mit Symptomen durch. Dabei geht es darum, milde Erkrankungen zu stabilisieren, die Erholung zu beschleunigen und die Zahl schwerer Verläufe zu reduzieren. Hierzu wird gezielt der Ernährungsstatus der Patient*innen im Hinblick auf Nicotinamid (Vitamin B3) optimiert. Die Teilnahme an der Studie ist bundesweit von zu Hause aus möglich.

Beteiligte und Kooperationen:

Die COVit-Studie wird vom PMI-Sprecher Prof. Stefan Schreiber und von Prof. Matthias Laudes geleitet und von der Klinik für Innere Medizin I des UKSH (Campus Kiel) zusammen mit dem Kompetenznetz Darmerkrankungen e.V. durchgeführt.

Weiterführende Informationen:

Genetische Assoziationsstudie zu Risikogenen für schweren Verlauf bei COVID-19

Warum erkranken manche Menschen schwer an Covid-19, während andere kaum Symptome zeigen? Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe aus Norwegen in der weltweit ersten großangelegten genetischen Studie Genvarianten gefunden, die den Verlauf der Krankheit deutlich beeinflussen – eine davon betrifft das Gen für die Blutgruppeneigenschaft. Die Arbeit wurde im New England Journal of Medicine publiziert und hat weltweit große mediale Aufmerksamkeit bekommen.

Beteiligte und Kooperationen:

Im Cluster waren Prof. Andre Franke (Seniorautor), Direktor am Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU und des UKSH, Dr. Frauke Degenhardt (Erstautorin) und Prof. David Ellinghaus (Erstautor), ebenfalls vom IKMB, beteiligt. Prof. Andre Franke hat die Forschungsarbeit gemeinsam mit dem norwegischen Internisten Prof. Tom Karlsen geleitet.

Originalpublikation und weiterführende Informationen:

Molekulargenetische Epidemiologie von SARS-CoV-2

Einer Gruppe internationaler Forschender aus der Genetik und Archäologie aus Kiel und Cambridge unter Beteiligung des PMI-Mitglieds Dr. Michael Forster ist es durch Anwendung phylogenetischer Netzwerkanalysen gelungen, den Ursprung und die Verbreitung des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) nachzuvollziehen. Die in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass sich in der ersten Phase des Ausbruchs in Europa und Amerika überwiegend andere SARS-CoV-2-Typen (A, C) verbreitet hatten als der damals in Wuhan vorherrschende Typ B. Die Klassifizierung der Virustypen in A und B wird nach unabhängiger Validierung durch die Arbeitsgruppe um Andrew Rambaut (Edinburgh) mittlerweile auch in der offiziellen Datenbank GISAID verwendet

Beteiligte und Kooperationen:

Wissenschaftler*innen um Clustermitglied Dr. Michael Forster, Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und das Team von Dr. Peter Forster vom McDonald Institute for Archaeological Research an der Universität Cambridge.

Originalpublikation:

Identifizierung von möglichen Arzneistoffen gegen Coronavirus-Infektionen durch Anwendung eines Pharmakovigilanz-Analyse-Tools

Pharmakovigilanzdaten werden in erster Linie dazu verwendet, unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu identifizieren. Die Suche nach Assoziationen von Arzneimitteln und unerwünschten Ereignissen, die seltener als erwartet auftreten, liefert jedoch Hypothesen für eine Arzneimittelneuverwendung, d.h. ein bekanntes Arzneimittel könnte für eine neue Indikation wie die Coronavirus-Krankheit (COVID-19) therapeutisch vorteilhaft sein. Arzneimittel, die mit viralen Atemwegsinfektionen und/oder Influenza assoziiert sind, wurden mit Hilfe des Pharmakovigilanz-Tools OpenVigil2.1-MedDRA17 aus den US-Pharmakovigilanzdaten von FAERS extrahiert, auf solche signifikanten inversen Assoziationen gefiltert, auf Plausibilität geprüft und nach ihren anatomisch-therapeutisch-chemischen (ATC) Klassifikationen gruppiert.

Beteiligte und Kooperationen:

Böhm R, Bulin C, Waetzig V, Herdegen T, Cascorbi I, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Medizinische Fakultät der CAU
Klein HJ, Institut für Informatik, Technische Fakultät der CAU

Originalpublikation:

eingereicht

Lipidstoffwechsel-Intervention als wirtsgerichtetes Therapeutikum bei Coronavirus-Infektionen

Die Forschenden haben das Ziel, die Vermehrung von Coronaviren durch Eingriff in die biochemischen Abläufe der Wirtszellen zu blockieren. Dazu konnten sie nachweisen, dass Inhibitoren des Enzyms Phospholipase A2α die Vermehrung von Coronaviren deutlich verringern, indem sie die Ausbildung der replikativen Zellorganellen stören.

Beteiligte und Kooperation:

PD Dominik Schwudke, Bioanalytische Chemie, Forschungszentrum Borstel
Kooperation mit Prof. John Ziebuhr, Medical Virology, Universität Gießen, und Dr. Christin Müller (DZIF - Kooperation)

Originalpublikation:

Müller C, Hardt M, Schwudke D, Neuman BW, Pleschka S, Ziebuhr J.: Inhibition of Cytosolic Phospholipase A2α Impairs an Early Step of Coronavirus Replication in Cell Culture. J. of Virol. 2018 Jan 30;92(4):e01463-17. DOI: 10.1128/JVI.01463-17.

Relevanz von alterungsbezogenen zellulären Veränderungen als Schlüsselfaktoren für den Schweregrad von COVID-19

In diesem Projekt werden Stoffwechsel-Computer-Modelle von virusinfizierten Zellen erstellt, um zu ermitteln, welche zellulären Veränderungen der Alterungen den Zusammenhang zwischen Alter und dem Schweregrad von COVID-19 bestimmen. Unter Nutzung von Sequenzierdaten einzelner Zellen konnten die Forschenden zeigen, dass die Zellen älterer Patienten weniger gut in der Lage sind Viren zu produzieren. Aufbauend darauf haben sie die Hypothese entwickelt, dass SARS-CoV-2 diese Limitierung in der Fähigkeit der viralen Replikation im Alter dadurch entgegenwirkt, dass bestimmte Immunzellen rekrutiert werden, die zelluläre Programme aktivieren, die die virale Replikation begünstigen, dadurch aber starke Schädigungen am Lungengewebe verursachen. Darauf aufbauend will das Forschungsteam in diesem Projekt Computermodelle von infizierten Zellen nutzen, um spezifische Enzyme zu identifizieren, die für die virale Replikation von hoher Bedeutung sind und deren Inhibition einen Ansatzpunkt für neue Behandlungsansätze insbesondere für schwere Verläufe von COVID-19 bieten.

Beteiligte und Kooperationen:

Prof. Christoph Kaleta, Institut für Experimentelle Medizin/Medizinische Systembiologie, CAU. In Kooperation mit Dr. Andreas Dräger & Alina Renz (Universität Tübingen), Prof. Nathan Lewis & Dr. Chintan Joshi (University of California, San Diego).

Einfluss verschiedener Impfstrategien auf die Qualität der Antikörper

Hilfsmittel, die Impfstoffen zur Verstärkung der Immunantwort zugegen werden, können die Immunantwort und auch die Menge und Art der Antikörper viel stärker als lange angenommen beeinflussen. Forschende unter Beteiligung des Clusters PMI haben untersucht, wie sich diese Co-Stimulatoren oder Adjuvantien in den Impfstoffen auf die Immunantwort und die Qualität (IgG Subklassen und deren Fc-Glykosylierung) und Quantität der IgG-Antikörper auswirken.

Beteiligte und Kooperationen:

Prof. Marc Ehlers, Institut für Ernährungsmedizin, Universität zu Lübeck

Originalpublikation und weiterführende Information:

Bartsch et al. J Allergy and Clinical Immunol 2020 DOI: /10.1016/j.jaci.2020.04.059

Impfstrategien: Wie Adjuvantien die Qualität der induzierten Antikörper beeinflussen (Meldung zur Publikation)

Beteiligung an Initiativen

Deutsche COVID-19 OMICS Initiative (DeCOI)

In der Deutschen COVID-19 OMICS Initiative (DeCOI) haben sich zahlreiche Genomforschende in Deutschland zusammenzuschließen, um die Forschung zu beschleunigen. Das DeCOI-Netzwerk analysiert zurzeit das Genom von SARS-CoV-2, um damit Veränderungen der Erbinformation des Virus zu charakterisieren. Darüber hinaus analysieren die DeCOI-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler auch das Genom von COVID-19-Erkrankten. Dahinter steckt die Vermutung, dass es auch genetische Risikofaktoren gibt, die die Wahrscheinlichkeit sich zu infizieren oder die Schwere der Erkrankung beeinflussen können.

Das Kieler Forschungsteam vom IKMB untersucht im Rahmen von DeCOI fehlgeleitete zelluläre Programme, die für die starke Immunantwort bei einigen COVID-19-Erkrankten, den "Zytokinsturm" der Entzündung, sorgen. Sie führen hierbei sogenannte Einzelzell-Sequenzierungen durch, bei denen Aktivierungszustände zehntausender Zellen parallel mittels Sequenzierung bestimmt werden. Diese Analysen können beispielsweise Aufschluss über die Aktivität und Funktion einzelner Immunzellen geben. Dieses Verfahren wird auch im Rahmen klinischer Studien genutzt, um die Wirkweise neuer Medikamente gegen SARS-CoV-2 auf das Immunsystem zu verstehen.

Beteiligte im Cluster:

Prof. Philip Rosenstiel, Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB), CAU und UKSH

Weitere Informationen:

COVID-19 Wirtsgenetik Initiative (COVID19hg)

In der “COVID-19 Host Genetics Initiative” haben sich Forschende der Humangenetik weltweit zusammengeschlossen, um Daten zu generieren, auszutauschen und zu analysieren und so die genetischen Determinanten der Anfälligkeit, des Schweregrades und der Ergebnisse von COVID-19 zu ermitteln. Solche Entdeckungen könnten dazu beitragen, Hypothesen für die Neuausrichtung von Medikamenten zu erstellen, Personen mit ungewöhnlich hohem oder niedrigem Risiko zu identifizieren und zum globalen Wissen über die Biologie von SARS-CoV-2-Infektionen und -Krankheiten beizutragen.

Beteiligte im Cluster:

Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB), CAU und UKSH

Weiterführende Informationen:

Website COVID19hg.org

Öffentlichkeitsarbeit

Gastbeitrag: Wie weltweites Impfen gelingt

Michael Stolpe vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat eine Strategie für eine weltweit erfolgreiche Impfkampagne gegen COVID-19 entwickelt und in einem eingeladenen Gastbeitrag mit dem Titel „Wie weltweites Impfen gelingt“ für die Süddeutsche Zeitung publiziert.

Beteiligte:

Dr. Michael Stolpe, Globale Gesundheitsökonomie, Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW).

Weiterführende Informationen:

Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung: "Wie weltweites Impfen gelingt"

Darstellung und Kommunikation von Modellen zur Corona-Pandemie für die allgemeine Öffentlichkeit

Die Abteilung für Evolutionstheorie am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, Plön, beschäftigt sich mit mathematischen Modellen. Für die allgemeine Öffentlichkeit haben sie tagesaktuelle Entwicklungen, regionale Unterschiede und eine Analyse zum Effekt der Lockdown-Maßnahmen auf einer eigenen Website visualisiert.

Beteiligte:

Prof. Arne Traulsen, Abteilung für Evolutionstheorie, Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, Plön.

Weiterführende Informationen:

Website mit Visualisierungen

Ethische Aspekte der Impfstoffforschung

Wie verteilt man einen Impfstoff gerecht? Darf man damit Geld verdienen? Wann ist es in Ordnung, wenn immune Menschen Vorteile genießen? Solche und ähnliche Fragen diskutiert der Bioethiker und Clustermitglied Prof. Christoph Rehmann-Sutter für die allgemeine Öffentlichkeit in Presseinterviews.

Beteiligte:

Prof. Christoph Rehmann-Sutter, Institut für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung
Universität zu Lübeck.

Weiterführende Informationen:

Interview in der Aargauer Zeitung