Routinesequenzierungen des Coronavirus SARS-CoV-2 starten am UKSH

Die routinemäßige Genomsequenzierung des Coronavirus SARS-CoV-2 wurde mit Hilfe von Clustermitgliedern am Kompetenzzentrum für Genomanalysen (CCGA) in Kiel innerhalb kurzer Zeit aufgebaut.

Im nördlichsten Bundesland ergibt das Coronavirus-Infektionsgeschehen Anfang Februar ein gemischtes Bild. Gerade die Nähe zu Dänemark mit steigenden Nachweisen der neuen SARS-CoV-2-Mutationen erhöht die Sorge, dass Schleswig-Holstein sich vom Bundestrend sinkender Zahlen abkoppeln könnte.

Um die Ausbreitung solcher Mutationen deutschlandweit engmaschiger zu überwachen, soll das SARS-CoV-2-Viruserbgut (Virusgenom) jede Woche bei mindestens fünf Prozent der durch die Routinediagnostik bestätigten Fälle sequenziert werden. Veränderungen des Viruserbguts sind damit frühzeitig zu erfassen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin sammelt die Ergebnisse zentral, um zeitnah auf das Auftreten und die Ausbreitung neuer Virusvarianten reagieren zu können.

Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) hat die aufwändige Methode, die nur von wenigen Laboren angeboten werden kann, in kürzester Zeit entwickelt und kann die Virusgenomsequenzierung ab sofort routinemäßig anbieten. Die Genomsequenzierungen werden durch das Institut für Klinische Chemie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Klinische Molekularbiologie in Kiel organisiert. Die Untersuchung wird nicht nur für Patientinnen und Patienten des UKSH eingesetzt, sondern steht auch Patientinnen und Patienten anderer Krankenhäuser, Gesundheitsämter und anderer Einrichtungen zur Verfügung. „In dieser Woche haben wir die ersten Genome an das RKI gemeldet", sagt Prof. Dr. Ralf Junker, Ärztlicher Direktor des Diagnostikzentrums am UKSH. "Es entspricht unserem Selbstverständnis als universitäres Labor an dieser wichtigen Fragestellung mitzuwirken und damit auch anderen Laboren und Kliniken zu helfen, die diese Methode nicht in der kurzen Zeit aufbauen können oder nicht den entsprechenden Durchsatz haben."

Die schnelle Umsetzung wurde auch durch die Expertise und Kooperation des Kompetenzzentrums für Genomanalyse (CCGA) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ermöglicht. Das CCGA ist eines von nur vier Zentren für Hochdurchsatz-Sequenzierungen, die seit 2018 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert werden, und zählt zu den größten akademischen Sequenzierstandorten deutschlandweit. „Bereits seit fast einem Jahr haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKSH und CCGA, auch in Zusammenarbeit mit dem Leibniz Forschungszentrum Borstel, die grundlegenden Strukturen für die jetzt vorgeschriebenen Virusgenomsequenzierungen aufgebaut“, sagt Prof. Dr. Andre Franke, Direktor am Institut für Klinische Molekularbiologie und Mitglied im Exzellenzcluster Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen (PMI). „Dieses zunächst als wissenschaftliches Projekt konzipierte Zusammenspiel war Grundlage für die schnelle Einsatzbereitschaft – in engem Schulterschluss zwischen Krankenversorgung, Forschung und moderner Sequenzier- und Computertechnologie.“

„Veränderungen des Viruserbgutes über die Zeit sind ein normales Geschehen, das schon früh auch in der SARS-CoV-2-Pandemie beobachtet wurde. Die jetzt neu aufgetretenen Varianten tragen aber viele unterschiedliche Veränderungen und haben sich in mehreren Ländern sehr schnell verbreitet. Daher ist es wichtig, jetzt genau hinschauen zu können“, sagt Prof. Dr. Philip Rosenstiel, ebenfalls Direktor am Institut für Klinische Molekularbiologie, Sprecher des CCGA und Mitglied im Exzellenzcluster PMI. Die neuen Virus-Mutationen, die zuerst in Südafrika und Großbritannien aufgetreten sind, sind am UKSH bisher noch nicht nachgewiesen worden.

„Gerade für den Erfolg der Impfstrategie ist ein Verständnis der vorherrschenden Virusvarianten und deren Veränderung über die nächsten Wochen hinaus bedeutsam“, sagt Prof. Dr. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des UKSH. „Auch wenn es derzeit erste positive Daten gibt, dass die zugelassenen Impfstoffe auch bei nun aufgetretenen Varianten aus England und Südafrika weiter wirksam sind, gibt es keine Garantie, dass dies mit neuen Mutationen in der Zukunft so bleibt. Es ist daher anzunehmen, dass die Virussequenzierung auch langfristig bei der Eindämmung der Pandemie zum Einsatz kommt“.

Wissenschaftliche Kontakte:

Prof. Dr. Philip Rosenstiel
Institut für Klinische Molekularbiologie
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
0431/500-15111
p.rosenstiel@mucosa.de

Prof. Dr. Andre Franke
Institut für Klinische Molekularbiologie
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
 0431 500-15110
a.franke@ikmb.uni-kiel.de

Prof. Dr. Ralf Junker
Campusübergreifendes Diagnostikzentrum
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
0431 500-16201
Ralf.Junker@uksh.de

Verantwortlich für die Presseinformation:

Oliver Grieve, Pressesprecher
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
0173 4055 000
Oliver.Grieve@uksh.de

Frau bedient Sequenziergerät
© S. Franzenburg, Uni Kiel.

Das Kompetenzzentrum für Genomanalysen (CCGA) an der Christian-Albrechts-Universität verfügt über hochleistungsfähige Sequenziergeräte der neusten Generation. Mit ihnen können innerhalb kurzer Zeit große Mengen an genetischen Daten analysiert werden.