COVIDOM+: Millionenförderung zur molekularen Erforschung von Langzeitfolgen der COVID-19-Erkrankung

Bundesweiter Forschungsverbund unter Leitung der Kieler Universitätsmedizin: 4,9 Mio. Euro Förderung zur Aufklärung des Post-COVID-Syndroms im Vergleich zu anderen infektiösen Atemwegserkrankungen

Unter der Leitung von Forschenden des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersucht die bundesweite Studie COVIDOM+ die langfristigen gesundheitlichen Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion. Diese neue Forschungsphase baut auf der seit 2020 laufenden COVIDOM-Studie auf, die eine bevölkerungsbasierte Kohorte von SARS-CoV-2-Infizierten umfasst und innerhalb des Nationalen Pandemie Kohorten Netzes (NAPKON) durchgeführt wurde. In Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Würzburg und der Charité – Universitätsmedizin Berlin werden Teilnehmende aus verschiedenen Regionen Deutschlands – darunter Schleswig-Holstein, Bayern und Berlin – über mehrere Jahre hinweg begleitet, um die Langzeitfolgen von COVID-19, insbesondere das Post-COVID-Syndrom (PCS), zu analysieren.

Post-COVID verstehen: Ziele der Studie COVIDOM+

Die COVIDOM-Studie hat gezeigt, dass auf den Entzündungssturm der akuten COVID-19-Erkrankungen häufig das Post-COVID-Syndrom (PCS) folgt, das eine Vielzahl an Symptomen umfasst, die Betroffene im Alltag mitunter stark einschränken. Typisch sind chronische Erschöpfung bis hin zur Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) sowie Konzentrationsstörungen („Brain Fog“), Atembeschwerden und eingeschränkte Leistungsfähigkeit, selbst nach mildem Verlauf. Diese Beschwerden können über Wochen bis Monate anhalten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Weitere häufige Symptome wie Muskelschmerzen und Schlafstörungen führen in der Folge oft zu einer starken psychischen Belastung. Die Vielzahl und Überlappung der Symptome erschweren Diagnose und Abgrenzung zu anderen Syndromen wie ME/CFS, das ebenfalls postinfektiös, aber auch im Zusammenhang mit anderen Auslösern auftreten kann.

„Die Nachfolgestudie COVIDOM+ soll uns helfen, die Häufigkeit, Schwere und Langzeitfolgen des Post-COVID-Syndroms besser zu verstehen. Wir wollen herausfinden, wie Infektionszeitpunkt, Impfstatus und Krankheitsverlauf, aber auch bestehende Vorerkrankungen die Entwicklung von PCS beeinflussen und dabei unterschiedliche Ausprägungen, sogenannte Phänotypen, erkennen und diese von anderen postinfektiösen Erkrankungen wie dem chronischen Erschöpfungssyndrom abgrenzen“, erklärt Prof. Dr. Jan Heyckendorf, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des UKSH, Campus Kiel, und Projektleiter von COVIDOM+. „Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zur Entwicklung klinischer Leitlinien beitragen und die Versorgung der Betroffenen durch präzisere Diagnose- und Behandlungskonzepte verbessern“, ergänzt PD Dr. Thomas Bahmer, Co-Studienleiter von COVIDOM+.

Neben den gesundheitlichen Folgen von PCS untersucht die Studie auch die psychischen Folgen von COVID-19, um diese von anderen physischen und psychosomatischen Folgen der Corona-Pandemie, wie Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen, abzugrenzen. Außerdem wird analysiert, ob das Post-COVID-Syndrom das Risiko für altersbedingte Erkrankungen wie Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht und ob wiederholte Virusinfektionen beschleunigte Alterungsprozesse auslösen. Diese Erkenntnisse könnten als Grundlage für neue Therapieansätze dienen.

Die Methodik von COVIDOM+: So wird geforscht

Die Studie COVIDOM+ baut auf der bereits etablierten, populationsbasierten COVIDOM-Kohorte mit 3.634 Teilnehmenden auf, die seit 2020 in den Regionen Schleswig-Holstein, Unterfranken und Berlin-Neukölln mithilfe lokaler Gesundheitsämter rekrutiert wurde. Für eine präzise Langzeitbeobachtung umfasst die Studie mehrere Nachuntersuchungen, die im jährlichen Abstand nach dem ersten Untersuchungstermin stattfinden. Hierüber können Veränderungen bezüglich des Verlaufs des Post-COVID-Syndroms (PCS) systematisch dokumentiert werden. Dazu werden umfassende Gesundheitsdaten und biologische Proben wie Blut, Speichel und Stuhl archiviert, die eine detaillierte molekulare und klinische Analyse der Auswirkungen von PCS ermöglichen.

Ein weiterer zentraler Aspekt der Studie ist der Vergleich von COVID-19-Langzeitfolgen mit denen anderer Atemwegserkrankungen, insbesondere der Influenza. Neben der FRISH-Studie (Follow-Up of Respiratory Infections in Schleswig-Holstein), die sich mit den Langzeitfolgen der Influenza befasst, liefert die STAAB-Studie aus Würzburg – eine populationsbasierte Studie zu frühen Phasen von Herzinsuffizienz – wertvolle Vergleichsdaten. Daneben ist die NAKO-Gesundheitsstudie eine weitere wichtige Vergleichskohorte, die bereits vor Ausbruch der Pandemie über mehrere Jahre wichtige Gesundheitsdaten aus der Allgemeinbevölkerung gesammelt hat. Diese Gruppen helfen, spezifische Langzeitfolgen von SARS-CoV-2 präzise zu analysieren.

Zusätzlich wird COVIDOM+ eng mit dem Exzellenzcluster Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI) verknüpft. Prof. Dr. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I und Sprecher des PMI, erklärt: „So können wir verstehen, wie es zu unterschiedlichen Krankheitsverläufen kommt, und gezielte therapeutische Ansätze für die Wiederherstellung von voller Gesundheit bei Post-COVID-Erkrankungen entwickeln. Unser Ziel ist es, die Grundlage für eine personalisierte Präzisionsmedizin zu schaffen, die den individuellen Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten gerecht wird.“

Finanzierung und Laufzeit
Die Studie COVIDOM+ wird durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit insgesamt 4,9 Millionen Euro für die Projektjahre 2025 und 2026 gefördert. Die Finanzierung sichert die Fortsetzung der Forschungsarbeiten, die ab dem 1. Januar 2025 nahtlos an die bis 31. Dezember 2024 laufende COVIDOM-Studie (NAPKON-POP) anschließen, welche über das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) gefördert wurde.

Für Rückfragen von Journalistinnen und Journalisten steht zur Verfügung: 
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel
Klinik für Innere Medizin I, Prof. Dr. Jan Heyckendorf & PD Dr. Thomas Bahmer
Tel.:0431 500-62629, thomas.bahmer@uksh.de 

Verantwortlich für diese Presseinformation:
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Stabsstelle Integrierte Kommunikation, E-Mail: presse@uksh.de
Campus Kiel: Arnold-Heller-Straße 3, 24105 Kiel, Tel.: 0431 500-10 700
Campus Lübeck: Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck, Tel.: 0451 500-10 700

2 Personen mit Arztkittel
© UKSH

Prof. Dr. Jan Heyckendorf (r.) und PD Dr. Thomas Bahmer leiten die bundesweite Studie COVIDOM+ zur Erforschung der langfristigen gesundheitlichen Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion.

Über den Exzellenzcluster PMI

Der Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen/Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) wird von 2019 bis 2025 durch die Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert (ExStra). Er folgt auf den Cluster Entzündungsforschung „Inflammation at Interfaces“, der bereits in zwei Förderperioden der Exzellenzinitiative (2007-2018) erfolgreich war. An dem neuen Verbund sind rund 400 Mitglieder in acht Trägereinrichtungen an vier Standorten beteiligt: Kiel (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Muthesius Kunsthochschule, Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) und Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik), Lübeck (Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein), Plön (Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie) und Borstel (Forschungszentrum Borstel - Leibniz Lungenzentrum).

Ziel ist es, die vielfältigen Forschungsansätze zu chronisch entzündlichen Erkrankungen von Barriereorganen in ihrer Interdisziplinarität verstärkt in die Krankenversorgung zu übertragen und die Erfüllung bisher unbefriedigter Bedürfnisse von Erkrankten voranzutreiben. Drei Punkte sind im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Behandlung wichtig und stehen daher im Zentrum der Forschung von PMI: die Früherkennung von chronisch entzündlichen Krankheiten, die Vorhersage von Krankheitsverlauf und Komplikationen und die Vorhersage des individuellen Therapieansprechens.

Pressekontakt:

Frederike Buhse
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Exzellenzcluster PMI

Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für chronische Entzündungserkrankungen“
Wissenschaftliche Geschäftsstelle
Christian-Albrechts-Platz 4, D-24118 Kiel
Sonja Petermann
0431/880-4850
spetermann@uv.uni-kiel.de
Twitter: PMI @medinflame